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Im BusyMom-Interview mit Mareike Fuisz sprechen wir über die Herausforderungen seit Beginn der Corona-Pandemie. Mareike berichtet uns, wie sie diese selbst in ihren unterschiedlichen Rollen und Perspektiven erlebt hat und auch noch erlebt. Sie schaut sehr differenziert auf die bisherige Corona-Zeit und die möglichen Herausforderungen und Bewältigungsmöglichkeiten wie auch Konsequenzen der gewählten Strategien. Sie berichtet aber auch von einer Vielzahl an positiven Entwicklungsschritten.

Ich freue mich sehr über dieses interessante und sehr persönliche Interview mit Mareike Fuisz.

In dieser Interview-Reihe auf BusyMom geht es um die Krisenbewältigung von Unternehmerinnen und Müttern in Zeiten von Corona. Ich habe nach den erlebten Herausforderungen und Chancen, den Veränderungen in der Familie und im Business wie auch den erfahrenen Ressourcen gefragt. Spannende und bunte Beiträge sind dabei mit meinen faszinierenden Interview-Partnerinnen entstanden.

Heute stellt sich Mareike Fuisz vor:

Kurze Vorstellung zu Dir, Deiner Familiensituation und Deinem Business

Vermeintliche Gegensätze sorgen für eine andere Perspektive auf Themen: Klassenbeste und Punk. Top-Managerin und Yoga-Lehrerin. Glückliche Mutter des wunderbarsten Mädchens mit Down-Syndrom. Seit über 20 Jahren unterstütze ich Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung. Darüber hinaus spreche ich auf Bühnen und an Universitäten über Diversität, ethische Fragen und Künstliche Intelligenz. Seit 2017 habe ich drei Online-Kongresse zum Thema Down Syndrom veranstaltet: „Down Syndrom – leicht.er.leben!“. Meine Mission ist es, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Für alle Menschen.

Wie hast Du bisher die Corona-Pandemie, den Lockdown und den Sommer 2020 erlebt?

Die ersten Wochen waren sehr anstrengend, da mein Mann und ich zugleich beruflich sehr eingebunden waren. Mein Mann ist angestellt und ich bin selbstständig. Wir gaben uns an vielen Tagen die „Kinder-Klinke“ in die Hand, um zugleich den Kindern zuhause und den beruflichen Erfordernissen Rechnung zu tragen. Ich stelle mir vor allem Fragen dahingehend, was diese Zeit mit uns allen macht. Ich erlebte gerade zu Beginn eine Zweiteilung: die Menschen, die die Zeit zuhause für Weiterentwicklung und sich persönlich nutzen können. Und die Menschen, die Kinder haben, und Home-Office, Home-Schooling, Home-Kindergartening, Home-everything… versuchen, unter einen Hut zu bringen.

Heute sehen wir sehr deutlich, dass besonders berufstätige Mütter in dieser Zeit einen höheren Preis bezahlt haben. Und weiterhin zahlen werden, denn: der Maßnahmen-Fokus liegt weiterhin nicht auf Fortführung von (früh)kindlicher Bildung in Einrichtungen. Als Mutter eines Kindes mit Down-Syndrom wurde für mich zudem auch an allen Ecken deutlich, wie gering die Bedeutung von Inklusion und die Bedürfnisse von Familien mit Kindern mit Behinderung und Menschen mit Behinderung ist, gerade auch in Bildung und Beschäftigung.

Ich frage mich sehr oft, was unser aktueller Umgang untereinander im Gedächtnis und in der Sozialisierung unserer Kinder hinterlässt. Egal, wie ich es formuliere, ist die Kernbotschaft doch Folgende: „Jeder andere Mensch ist potentiell eine Gefahr, haltet Abstand“. Wie lange geht das, ohne sich als Grundannahme zu verankern? Wie geht Sozialisation zum Beispiel ohne gemeinsames Singen, ohne offenes Zugehen auf andere Menschen; Kinder und Erwachsene gleichermaßen? Zu Beginn der Pandemie erlebte ich in folgender Situation immer eine große Trennung: ich traf mich berufsbedingt mit einer meiner besten Freundinnen – auf Abstand. Sich zu sehen, zu sprechen, und sich zugleich nicht umarmen zu können, hat mich sehr traurig gemacht und innerlich getrennt. Es ist zwar kognitiv völlig klar, emotional jedoch unglaublich schwer zu verstehen, dass „nicht Anfassen“ und „Abstand halten“ nicht gleichzusetzen ist mit Ablehnung. Und das sage ich als Erwachsene!

Zusammengefasst sind für mich die letzten Monate, und auch die Gegenwart, wie ein Vergrößerungsglas auf sehr viele Themen. Es wird sehr viel deutlicher, wo es vor Corona schon hakte und konsequent nur am Limit gehandelt wird (z.B. Bildung, Pflege, Diversität): denn dort bricht das System nun an einigen Stellen sehr sichtbar. Wo es vorher schon knapp war, ist es jetzt viel zu wenig. Und es wird zugleich sehr viel deutlicher, was wir als Menschen so dringend brauchen: echte Kontakte, Umarmungen und gegenseitige Unterstützung.

Es gibt ja diesen Witz „Die deutsche Fußballnationalmannschaft hat 80 Mio. Trainer“, also jede*n Einwohner*in. So gibt es auch unzählige Meinungen und Sichtweisen auf das Thema Corona, aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, die alle ihre Berechtigung haben. Ich maße mir nicht an, mich mit dem Virus auszukennen. Aber was ich sehe, ist: inkonsequentes oder gar kein Management in Bereichen, die mich (und viele Familien/Frauen) tangieren.

Nur ein Beispiel: Masken, Lüften und Händewaschen als die einzigen Maßnahmen nach den Sommerferien, um den Schulbetrieb wieder aufzunehmen? Und die Eltern als Plan B, wenn die Schulen oder Kindergärten doch wieder geschlossen werden müssen? Hallo? Das verursacht bei mir Kopfschütteln und Wut im Bauch. Ich bin mir zu 100% sicher, dass es möglich ist, innerhalb kurzer Zeit wirksame Maßnahmen zu entwickeln, die auch Modellcharakter für andere Bereiche haben können.

Anderes Beispiel: aktuell die Absage sämtlicher Brauchtumsveranstaltungen, die für viele Menschen und besonders Kinder wichtig sind. Und die ungefähr alle draußen stattfinden! Wo ist das Konzept für Martins-/Laternenumzüge? Warum gibt es keine eingezäunten Weihnachtsmärkte mit Voranmeldung und Hygieneregeln? Ich halte es für wichtig, dass wir auch als Gesellschaft aus dem Ausnahmezustand herauskommen, und trotzdem die wichtigen Hygieneregeln einhalten.

Wir sehen über alle Länder hinweg den Unterschied, den Management hier macht. Und zweifelsohne steht Deutschland – und dafür bin ich dankbar! – bisher besser da als die allermeisten anderen Länder. Ich glaube zugleich, dass wir noch genug Intelligenz, Kreativität und Ressourcen für mittel- bis langfristig tragbare Maßnahmen haben. Denn die werden wir brauchen.

Welche Veränderungen und welche Herausforderungen hast Du als Mutter und als Unternehmerin erlebt?

Als Mensch war für mich die wichtigste Aufgabe, aus dem inneren Ausnahmezustand herauszukommen, der uns von außen vermittelt wurde und weiterhin wird. Warten auf „das neue Normal“ oder auf einen neuen stabilen Zustand ist wie „Warten auf Godot“.

Wenn ich auf etwas warte, verpasse ich das „Jetzt“, und damit das Leben. Ich habe mich persönlich, als Familie und beruflich nochmal mehr von Ideen und Vorstellungen freigemacht, wie etwas sein sollte. Ganz konkret bedeutete das z.B. Abschied nehmen von der Idee, wie wir Urlaub machen. Abschied nehmen von meinem inneren Bild, auf großen Bühnen vor vielen Menschen zu sprechen. Abschied zu nehmen von Vorstellungen, wieviel ich innerhalb einer bestimmten Zeit schaffen kann. Irgendwann habe ich hier die Entscheidung getroffen, was jetzt wichtiger ist: meine Selbstständigkeit oder die Kinder. Damit habe ich mich von dem ständigen Hadern, irgendwo zu wenig zu sein, befreit.

Diese Abschiede waren schon auch ein wenig traurig, aber nötig. Denn es hat den Weg frei gemacht für die Offenheit und Flexibilität. Für die Neugier und die Lust, neu zu gestalten.

Ich würde sagen, die größte Herausforderung für mich war es, den Spirit hoch zu halten, also in guter mentaler Verfassung zu sein, bzw. wieder zu kommen.

Welche Auswirkungen hatte die Corona-Pandemie bisher auf Dein Business?

Live-Bühnen vor vielen Menschen finden zur Zeit nicht statt. Inzwischen haben sich Unternehmen und Hochschulen aber auch auf Online-Formate eingestellt, so dass ich dort viel mehr mache.

Insgesamt bin ich im Fokus voll auf Online, auch in anderen, eigenen Angeboten. Ich habe das Glück, ohnehin schon seit längerem online zu arbeiten, auch über meine Kongresse und Coachings, insofern war der Schritt für mich jetzt nicht groß.

Wie bist Du mit den Herausforderungen (beruflich und privat) umgegangen?

Klarheit und Konsequenz. Das klingt beim ersten Lesen vielleicht sehr hart, beim zweiten Hinschauen ist es vor allem sehr befreiend und bedeutet Hinwendung.

Beruflich meint das für mich: Das noch deutlichere Erkennen dessen, was mir wichtig ist, unterstützt meinen Fokus ungemein. Über die letzten Monate bin ich mir noch klarer darüber geworden, welche Themen mir wichtig sind und in welche Richtung ich gehen möchte. Ich bin dabei mutiger geworden: in den Botschaften, die ich vertrete. Auch kompromissloser: im Pricing – ist es mir das wirklich wert, diese Zeit für dieses Geld nicht mit meiner Familie oder anderen wichtigen Themen zu verbringen („Mein Preis“ = eines der Topthemen für Frauen!)? Und ich bin noch freier im Durchziehen von Ideen: weniger Angst vorm „Scheitern“, und noch weniger Ohren für ungefragte Meinungen anderer.

Privat meint das für mich: das Hinterfragen und Readjustieren von Beziehungen zu anderen Menschen. Wenn nicht so viele Begegnungen möglich sind: welche Qualität sollen sie denn haben, und mit wem soll das sein?

In Summe: Hinwendung zu dem, was wichtig ist. Vor allem: zu den Menschen, die mir wichtig sind, mich eingeschlossen (denn es fängt alles bei uns selbst an).

Welche unternehmerischen Veränderungen hast Du aufgrund dessen getroffen?

Ich habe Neues ausprobiert: ich habe neue Online-Angebote entwickelt und vertestet und bin inzwischen (endlich!) auch auf Instagram.

Im November probiere ich ein für mich neues Projekt aus: die ganz konsequente Verbindung von Yoga und Mindset in einem Workshop.

Welche Unterstützung hast Du gefunden (Familie, Freunde, andere UnternehmerInnen, Netzwerk, Mentor, Coach …)?

Zuallererst: mein Mann. Er hat alles getan, um mir neben seinem Job Raum zu geben für meine Themen. Das hat uns nochmal anders zusammengebracht.

Und unsere Kinder haben das so großartig gemacht! Es geht ja nicht nur darum, als Eltern viel Zeit mit seinen Kindern zu verbringen – das mache ich für mein Leben gerne, das steht außer frage. Es geht für die Kinder darum, ihre Freunde und geliebten Verwandten nicht sehen zu können.

Es hat mir geholfen, auch andere Mütter zu haben, mit denen ich mich darüber austauschen konnte, wie es uns gerade geht.

Ich habe in den letzten Monaten nochmal mehr in meine persönliche Entwicklung investiert. Über meine beiden Mentor*innen, mit denen ich zur Zeit arbeite, bin ich in sehr unterschiedlichen, aber für mich gleichermaßen wichtigen Netzwerken. Netzwerken ist grundsätzlich wichtig; in den letzten Monaten waren sie für mich aber nochmal umso wichtiger, um aus meinem Tal der Corona-Versenkung herauszukommen und den Blick auf das Berufliche nicht zu verlieren. Beide Kinder waren ziemlich genau fünf Monate durchgehend zuhause, da waren diese beruflichen Anker für mich von großer Bedeutung.

Welche eigenen Ressourcen hast Du für Dich oder Ihr für Euch als Familie entdeckt?

Neben dem schon Genannten: Es war für mich erstaunlich, nach einiger Zeit zu erleben, wie viel Energie und Kreativität in unseren Kindern ist, wenn sie noch nicht so leer und voll nach einem Kindergartentag sind.

Was hast Du bisher aus der Pandemie gelernt? Was nimmst Du in Puncto Krisenbewältigung mit für die Zukunft als Mutter und als Unternehmerin?

Dazu fallen mir zwei Zitate ein, die es für mich ganz gut beschreiben:

1) „Immer in Bewegung bleiben“ (Balu, der Bär)

2) „Ich mache mir die Welt, wie-de wie-de wie sie mir gefällt“ (Pippi Langstrumpf)

= Offen bleiben und Neues ausprobieren. Die Lust an der Gestaltung des eigenen Lebens aufzugreifen und – zu leben!

 

Mareike Fuisz findest Du hier auf folgenden Kanälen:

Ihre Websiten: Mareike Fuisz und Online-Kongress „Down Syndrom – leicht.er.leben!

Ihr Instagram-Account: Mareike Fuisz

Ihr Facebook-Account: Mareike Fuisz

Ihr LinkedIn-Account: Mareike Fuisz

Ihr Xing-Account: Mareike Fuisz

 

Auf Instagram findet am Sonntag, 08.11.20, um 11.00 Uhr ein Live-Interview mit Mareike Fuisz und mir statt. Ich freue mich, wenn Du mit dabei bist, hier kannst Du Dich direkt in mein Live auf Instagram bei sabinemachowski.busymom einschalten!

Hier über den Link gelangst Du direkt zum Interview mit Mareike auf Instagram (BusyMom).

 

Liebe Mareike,

vielen lieben Dank für dieses persönliche Interview!

 

P.S.: Hast Du Fragen an Mareike oder mich zu dem schriftlichen oder persönlichen Interview? Gerne in den Kommentaren oder via E-Mail schreiben!

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