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Bedürfnisse formulieren, denn so geht es nicht weiter! Du bist mit Kindern und Arbeit fast am Limit und Dein Partner sieht nur sich. Ständig zieht er seinen eigenen Stiefel durch – zumindest fühlt es sich so an. Du brauchst mehr oder andere Unterstützung als das, was Du zurzeit bekommst. Wir – von Raum für Euch – zeigen Dir in diesem Gastbeitrag bei BusyMom, wie Du mit Deinem Mann ins Gespräch kommen und Deine eigenen Bedürfnisse formulieren kannst – und zwar so, dass er sie auch erkennen und verstehen kann.

 

Gastbeitrag von Alexander Klose und Maren Sörensen von www.raumfüreuch.com

Ziel ist wechselseitiges Wohlwollen

Wenn Du möchtest, dass Dein Mann sieht und erkennt, was Du leistest und wie Du Dich für Eure Beziehung einbringst, erfordert das, dass Du in einen funktionierenden Dialog mit Deinem Partner trittst. Und funktionierend bedeutet wohlwollend. Es ist notwendig, dass auch Du siehst, was er leistet und wie er sich einbringt. Daran geht kein Weg vorbei! Das macht auf der anderen Seite ihn aufnahmefähig für Deine Wünsche und Bedürfnisse.

Wie geht das? Wie bekommt Ihr Euer Miteinander und auch Auszeiten für jeden besser hin? Auf jeden Fall nicht durch Gleichmacherei und Bis-aufs-letzte-Quäntchen-ausgleichen-wollen!

  • Wertschätzt Eure Unterschiede und nutzt sie.
    Kritik und Neid bringen Euch nicht weiter. Teilt Eure Verpflichtungen nach Möglichkeit so auf, dass jeder das macht, was er oder sie gut kann oder gerne macht.
  • Sprecht nicht nur von Euch selbst, sondern hört Euch gegenseitig zu.
    Jeder von Euch möchte gerne gehört werden. Dein Partner wird Dir gerne zuhören, wenn Du auch seine Position versuchst zu verstehen und seine Belastungen, Sorgen und Nöte anhörst.
  • Beleuchtet die beiden unterschiedlichen Perspektiven und Bedürfnisse.
    Wer hat welche Vorzüge in der aktuellen Familien- und Lebenssituation? Mit welchen Nachteilen? Es sind jeweils nicht mehr oder nicht weniger, sondern andere.

 

Bedürfnisse formulieren in 4 Schritten

Das sind die einzelnen Schritte:

1. Verlass die Opferrolle

Wenn Du Dich durch Deinen Partner nicht gewertschätzt fühlst, kannst Du Dich bemitleiden. Sogar von Freundinnen bemitleiden lassen. Erwachsen ist das nicht. Jedenfalls nicht für längere Zeit. Bedürfnisse formulieren beginnt so: Raus aus dem Jammern! Verlass die Opferrolle und übernimm Verantwortung für Dich und Deine Vorstellungen von Partnerschaft und Elternsein. Werde Dir über Deine ganz konkreten Wünsche und Deine Ziele klar. Erst dann kannst Du so Deine Bedürfnisse formulieren, dass Dein Partner sie verstehen kann.

Trotz aller (berechtigter) Verärgerung: Richte Deine Handeln auf das, was veränderbar ist. Halte nicht an Umständen fest, die zwar schön wären, in Deiner und Eurer aktuellen Familienlage aber nicht realistisch sind. Wenn eine Putzfrau oder ein zweites Auto zu Deiner und Eurer Entlastung nicht bezahlbar sind, halte nicht an dem Gedanken fest.

Mach Dir klar, was Du genau willst

Eigene Bedürfnisse formulieren zu können erfordert Klarheit: Wer selber weiß, was er will, kann auch dem Anderen wohlwollend begegnen, meint der Philosoph Wilhelm Schmid, der unter anderem durch seine Bücher “Die Liebe atmen lassen” und “Gelassenheit” bekannt ist. Mach Dir klar, was Du erreichen möchtest, und nicht wovon Du weg willst. Und dann sprich es aus.

Unausgesprochene oder nicht direkt geäußerte Wünsche und Erwartungen zählen zu den größten Gefahren in einer Beziehung. Zu viel Zurückhaltung erzeugt das Gefühl, zu viel zu geben und sich zu wenig abzugrenzen. Es entsteht Frust und Enttäuschung. Du ärgerst Dich über Dich selbst und über Deinen Partner. Eine Überreaktion ist vorprogrammiert: Du wälzt Deinen Frust auf Deinen Mann ab und machst ihn für alles und jedes verantwortlich. Das ist ungerecht: es wird weder Deinem Partner noch Dir gerecht.

Beantworte Dir diese 4 Fragen, um klar Deine Bedürfnisse formulieren zu können:

  1. Was genau ärgert mich? Was für ein Gefühl steckt hinter meinem Ärger?
  2. Was genau ist mein Bedürfnis?
  3. Woran genau werde ich erkennen, dass mein Bedürfnis erfüllt ist? (konkretes Verhalten meines Partners)
  4. Was müsste passieren, dass ich mein Bedürfnis auf keinen Fall erfüllt bekomme? Und was sollte ich tun, um das zu verhindern?

 

2. Gestalte den Rahmen in dem Du Deine Bedürfnisse formulieren willst

Bedürfnisse formulieren: Besser rechtzeitig und eindeutig

Warte mit einem Nein, einem Wunsch oder einer Bitte nicht zu lange, sonst nimmt Dein Mann nicht Deine Bedürfnisse wahr, sondern Deine Befindlichkeit: dass Du schlecht drauf bist, überfordert, genervt. Was er versteht ist: sie hat schlechte Laune. Was er nicht versteht ist, was Du brauchst.

Überleg einmal, wie Du Deine Bedürfnisse formulierst. Wie lange wartest Du, bis Du ansprichst, was Du brauchst? Wie wirkst Du dabei und wie siehst Du dabei aus? Bist Du leise, entschuldigst Dich und redest kleinlaut? Klagst und kritisierst Du? Wirst sogar unsachlich und angreifend? Oder sprichst Du eindeutig, laut und klar und selbstbestimmt?

Schaffe eine passende Gesprächsatmosphäre

Erinnere Dich an Gespräche, die Ihr in der Vergangenheit erfolgreich geführt habt:
Wann und wo konntest Du in der Vergangenheit mit Deinem Mann gut reden? Was kennzeichnet Gespräche, die von gegenseitigem Wohlwollen geprägt waren, die sachlich verlaufen sind und die zu einer für beide passenden Lösung führten?

Wo war das:
Bei einem Spaziergang? Am Küchentisch? Auf dem Sofa? In einem Café oder Restaurant? Auf einer gemeinsamen Autofahrt ohne Kind?

Wann war das:
Abends nach dem Essen? Sonntag Morgens im Bett? Im Urlaub? Unter der Woche oder am Wochenende?

Wie war der Rahmen?
Hattet Ihr so viel Zeit wie Ihr wolltet oder war das Zeitfenster für Euer Gespräch begrenzt? Wart Ihr alleine oder die Kinder im Bett? Habt Ihr dabei etwas gegessen, einen Kaffee oder Tee getrunken? Habt Ihr einander gegenüber oder nebeneinander gesessen? War der Raum oder die Gegend nüchtern oder heimelig? Oder hast Du Deinem Mann zuvor einen Brief geschrieben, in dem Du ganz in Ruhe Deine Bedürfnisse formulieren konntest? Hast Du das, was Du Deinem Partner sagen wolltest, vorher vor dem Spiegel geübt?

So kannst Du das Gespräch beginnen:

  • Passend könnte sein, über ein gelesenes Buch oder einen Fachartikel einzusteigen. Beispielsweise über das Buch von Jesper Juul: “Liebende bleiben”. Mach Deinem Partner zum Beispiel deutlich, wie Dich Juuls Gedanke, dass in einer Ehe beide Elternteile auch an sich denken sollten, beeindruckt hat.
  • Du erzählst Deinem Mann von einer Familie, in der die Partnerschaft der Elternteile sich schwierig gestaltet. Nimm das als Aufhänger um zu sagen, dass Du mit ihm glücklich bleiben möchtest. Mach Deinem Partner einen Vorschlag, wann Ihr gemeinsam reden wollt.
  • Direkt einsteigen: “Mir ist etwas an unserer Beziehung aufgefallen, über das ich gerne mit Dir reden möchte. Passt es Dir heute Abend, wenn die Kinder im Bett sind?”

Gestalte den Gesprächsrahmen so, wie er aus den Erfahrungen Deiner Vergangenheit am meisten Erfolg verspricht, damit Du Deine Bedürfnisse formulieren kannst.

 

3. Versetze Dich jetzt zunächst in Deinen Partner

Wo ist sein Frust? Sein Leid? Was fühlt er vermutlich zu dem Thema, das Du ansprechen möchtest und was für ein Bedürfnis hat Dein Mann?

Achte nicht nur Deine Bedürfnisse, sondern auch seine. Mit dieser Haltung kannst Du Deine eigenen Bedürfnisse formulieren – Dein Partner wird sie dann mit größerer Wahrscheinlichkeit hören und verstehen können.

Wenn es Dir gerade schwer fällt: vergegenwärtige Dir, wann sich Dein Partner Dir gegenüber zuvorkommend, wertschätzend und anerkennend verhält. Dann wird es etwas leichter.

 

4. Sprich Dein Bedürfnis aus und formuliere eine Bitte

  • Schildere Deine Beobachtung. Benenne die Situation so sachlich wie möglich!
    Männer lieben Daten, Zahlen, Fakten. Werde konkret. Was ist passiert?
    Vermeide es, Deinen Partner zu beurteilen und sein Verhalten zu bewerten.
  • Sprich Dein Gefühl an!
    Was fühlst Du? Bist Du beispielsweise ärgerlich? Andere Gefühle könnten zum Beispiel sein: irritiert, traurig, verwundert, überlastet, angespannt, besorgt, deprimiert, durcheinander, einsam, fassungslos, verbittert, skeptisch, ratlos, verunsichert, verzweifelt …
    Gefühle erkennst Du in der Regel daran, dass Du sagen kannst “Ich bin …” Vermeide, Gefühle zu benennen, die Deinen Partner angreifen könnten. Das wären Wörter wie: gekränkt, verletzt, angegriffen, vor den Kopf gestoßen … Wenn Du Deinem Mann die Schuld an etwas gibst, wird er mit einiger Wahrscheinlichkeit den Rückzug antreten und mauern oder in den Gegenangriff übergehen (“Du bist doch selbst …”).
  • Äußere Dein Bedürfnis!
    Welches Bedürfnis oder welcher Wunsch steckt hinter Deinem Gefühl? Brauchst Du Unterstützung, Ruhe, Sicherheit, Rücksichtnahme, Initiative, Kraft, Respekt oder Entspannung. Oder was sonst?
    Es geht hier nicht um eine Strategie oder ein Verhalten Deines Mannes, sondern um etwas, das Du für Dich brauchst. Und zwar auf der Ebene von Werten. Werte sind niemals anmaßend oder egoistisch, sondern erforderlich, um glücklich und gesund zu bleiben.
  • Formuliere eine konkrete Bitte an Deinen Partner!
    Bitte um eine konkrete Handlung Deines Partners. Was willst Du von ihm? Was soll er genau tun? Das ist klar und eindeutig und er weiß, was Du von ihm erwartest. Wenn Du ihm sagst, was er nicht tun soll, weiß er nur, womit er aufhören soll. Sag ihm, was er tun kann, um Deine Lebensqualität als Mutter zu erhöhen.Aber: Stelle keine Forderung. Bleib einfühlsam, so wie Du das auch von Deinem Partner erwartest. Klar, eine Bitte dürfte Dein Mann auch ablehnen. Dann hättest Du aber zumindest deutlich gemacht, wie Du verstanden werden möchtest. Nicht mehr – und nicht weniger.

Hier drei Beispiele für die einfühlsame Art, Deine Bedürfnisse formulieren zu können, statt Deinen Partner zu kritisieren oder anzugreifen:

  • “Du sagst, Du möchtest den Keller aufräumen (sachliche Beobachtung/ Schilderung der Situation). Ich bin müde (Gefühl) und brauche an diesem Wochenende Ruhe für mich (Bedürfnis). Bitte lass uns den Keller am Mittwoch aufräumen (konkrete Bitte).”
    Statt: “Du bist rücksichtslos!”
  • “Oscar war die ganze Woche krank und konnte nicht in den Kindergarten (sachliche Beobachtung/ Schilderung der Situation). Ich bin gestresst (Gefühl) und brauche etwas Abwechslung (Bedürfnis). Kannst Du bitte heute Abend die Kinder ins Bett bringen (konkrete Bitte), damit ich mich mit meiner Freundin treffen kann?”
    Statt: “Du hast es gut, Du kommst raus in die Welt und ich sitze hier die ganze Woche in der Wohnung fest.”
  • “Ich müsste jetzt noch eine viertel Stunde die Wäsche bügeln, weil Du morgen ein Hemd für die Arbeit brauchst (sachliche Beobachtung/ Schilderung der Situation). Das macht mich unzufrieden (Gefühl), weil ich es dann vor dem Schlafengehen nicht mehr schaffe, mein Buch zu Ende zu lesen. Ich hätte gerne Deine Hilfe (Bedürfnis): Kannst Du bitte heute bügeln oder morgen einen Pullover anziehen (konkrete Bitte)?”
    Statt: “Du hast es gut, Du kannst in der Mittagspause die Zeitung lesen. Ich komme schon wieder nicht dazu, mein Buch zu Ende zu lesen.”

Diese Methode, Deine Bedürfnisse formulieren zu können, nennt sich “Gewaltfreie Kommunikation” und stammt von Marshall B. Rosenberg. Sie hört sich vermutlich erstmal sehr schwierig an. Ja, es braucht einige Übung. Es lohnt sich aber! Nimm Dir Zeit und schreibe Dir die passenden Sätze auf. Das hilft, um Deine Bedürfnisse formulieren zu können. Und zwar so, dass Du verstanden werden kannst. Auch wenn es nicht gleich gelingt, bleibe dran. Deine Sätze müssen nicht perfekt sein. Es kommt auf Deine Haltung an. Dass es um Dich geht und darum, was Du benötigst, um gesund, zufrieden und glücklich zu sein. Nicht darauf, Deinen Partner zu verurteilen oder ihm etwas zu missgönnen, wo er es (vermeintlich) besser hat als Du. Jeder von Euch wird Belastungen haben. Sie sind nur jeweils andere. Und mit dieser Vorgehensweise wirst Du genau das Deinem Partner deutlich machen können.

Je mehr Du übst, desto besser wird Dir diese Art, Deine Bedürfnisse formulieren zu können, gelingen. Du kannst Deine Sätze auch vor dem Spiegel proben, bevor Du Deinen Partner ansprichst.

Drücke Dich ehrlich und sachlich aus und höre aufmerksam zu. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr als Paar in Kontakt kommt und ein Dialog möglich wird.

 

Wir wünschen Dir eine glückliche und erfüllte Beziehung und gutes Gelingen bei der Bewältigung Deiner und Eurer Herausforderungen!

Seid gut zu Euch!

Herzliche Grüße

Alexander und Maren

 

Über die Autoren

Gastbeitrag Raum für Euch Profilfoto Maren und Alexander

Wir sind Alexander Klose und Maren Sörensen von Raumfüreuch.com – leichter, glücklicher, nachhaltiger: ein Online-Coaching für Deine Partnerschaft!

 

 

Alexander ist als Psychologischer Psychotherapeut und Supervisor in eigener Praxis tätig.

Maren arbeitet als Dozentin, Systemische Therapeutin und Supervisorin.

Wir leben beide seit vielen Jahren in festen Partnerschaften. Alexander hat zwei heranwachsende Söhne, Marens Kinder sind erwachsen, sie hat zwei Enkelkinder.

Wir sind beide Eltern und kennen aus unserem persönlichen Erleben die herausfordernde Situation, dass sich eine Partnerschaft durch Kinder verändert. Wir profitieren dabei von unseren unterschiedlichen Perspektiven als Vater und als Mutter in jeweils eigenen Beziehungen. Eigene Bedürfnisse und Interessen zu formulieren ist nicht immer leicht. Das wissen wir. Wenn Mütter versuchen zu verstehen, worum es ihnen genau geht, und das Elternsein auch aus der Sichtweise des Vaters betrachten, werden Kinder eine Herausforderung für das Paar-Sein bleiben. Aber sie können die Beziehung durch eine ganz andere Qualität der Nähe und durch gemeinsam erlebte Verantwortung auf eine neue Stufe heben.

 

Vielen Dank für den tollen Gastbeitrag von Raum für Euch!!!

Liebe Grüße

Sabine

 

P.S.: Und, was meinst Du? Wie gefällt Dir der Gastbeitrag „Bedürfnisse formulieren: So kann Dein Partner sie annehmen“? Wir freuen uns über Deine Meinung, Deine Ideen, Kritik oder Fragen unten im Kommentar!

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